Verbraucherrechte stärken statt beschneiden!

Montag, 13.03.2006, 10:09 von Daniel Sandmeier

Der SPD-Ortsverein möge beschließen:
1. Der OV stimmt der Kritik maßgeblicher Verbraucherverbände und Gutachter an den Verordnungsentwürfen des Bundeswirtschaftsministeriums zum Energiewirtschaftsgesetz zu.
2.Der OV-Vorsitzende wird gebeten, dieses Thema bei benachbarten Ortsvereinen, gegebenenfalls auch auf Kreisebene zur Sprache zu bringen und, falls erreichbar, ein auf dieser Ebene abgestimmtes, kritisches Schreiben an zuständige Bundestagsabgeordnete und Ressortminister zu richten.
Begründung
1.Die Bedingungen für den Strom- und Gasbezug von rd. 40 Millionen Haushalten werden durch Verordnungen geregelt, für die das Bundeswirtschaftsministerium am 22.11.2005 neue Entwürfe vorgelegt und den Wirtschafts- und Verbraucherverbänden zur Stellungnahme übersandt hat. Noch in diesem Frühjahr sollen diese Verordnungen vom Bundeskabinett und vom Bundesrat verabschiedet werden.
Die derzeitigen Verordnungsentwürfe sind aus Sicht der Verbraucher nicht akzeptabel. Die wesentlichen Kritikpunkte hat der Bund der Energieverbraucher e. V. zutreffend wie folgt formuliert:
•Der örtliche Strom- und Gasversorger kann seine Preise ändern, ohne dies den Kunden etwa durch einen Brief mitteilen zu müssen. Eine öffentliche Bekanntmachung z.B. als Zeitungsnotiz reicht aus.
•Das Strom- bzw. Gasversorgungsunternehmen hat das Recht zum Betreten jeder Kundenwohnung, egal, ob der Kunde damit einverstanden ist oder nicht.
•Der Strom- oder Gasversorger haftet für die Schäden durch einen Strom- oder Gasausfall nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.
•Der Strom- oder Gasversorger kann bis zu 50 Prozent der Kosten des lokalen Strom- bzw. Gasnetzes von den Verbrauchern sofort einfordern.
•Der Strom- bzw. Gasversorger kann eine Strafe gegen Kunden verhängen, wenn diese unrechtmäßig Strom entnehmen und erhält dadurch hoheitlich anmutende Befugnisse.
•Der Strom- bzw. Gasversorger darf säumigen Zahlern Strom oder Gas 14 Tage nach einer Mahnung ohne weiteres abdrehen, selbst wenn dies unverhältnismäßig ist.
•Der Stromversorger erhält das Recht, erforderlichenfalls die Grundstücke seiner Kunden zum Bau von Leitungen und Transformatoren unentgeltlich zu nutzen.
•Der Kunde muss die Kosten für seinen Hausanschluss tragen, ohne dass er damit Eigentümer des Hausanschlusses wird. Dadurch kann der Kunde die Errichtung des Hausanschluss nicht selbst ausschreiben und vergeben und so Kosten sparen.
•Der Stromversorger darf nach Gutdünken die Hausanlage jedes Kunden technisch prüfen lassen und kann bei Mängeln den Strom abstellen. Alle Installateure müssen vom Stromversorger zugelassen werden und können dadurch zum Abschluss von Vereinbarungen mit dem Stromversorger gezwungen werden, auf die weder Kunden noch Aufsichtsbehörden Einfluss haben.
•Der Verbraucher muss Strom- und Gasrechnungen zunächst pünktlich bezahlen, selbst wenn diese falsch oder unberechtigt sind.
Übereinstimmend mit anderen Verbänden und einschlägigen Rechtsgutachten weist der Bund der Energieverbraucher nach, dass die Verordnungsentwürfe nicht im Einklang stehen mit den Vorgaben der EU-Richtlinie 93/13 EWG, nach der miss-bräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen unzulässig sind.
2.Die Verordnungsentwürfe stehen auch nicht in Einklang mit einschlägigen Bestimmungen des erst Mitte 2005 novellierten Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). In § 1 ist der Gesetzeszweck u. a. nämlich wie folgt bestimmt:
● „… eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.“
● „… Sicherstellung eines unverfälschten Wettwerbers…“
● „… Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebunden Energieversorgung.“
Damit ist der Rahmen für Rechtsverordnungen vorgegeben, die die Bundesregierung (mit Zustimmung des Bundesrates) erlassen kann. Die Ermächtigung hierzu (§ 39 Abs. 2 EnWG) unterstreicht ausdrücklich, dass bei den „…Regelungen über den Vertragsabschluss, den Gegenstand und die Beendigung der Verträge …die beiderseitigen Interessen angemessen zu berücksichtigen (sind).“ Dem werden die Verordnungsentwürfe nicht gerecht. Vielmehr wurden viele von den in den bisherigen, für die Verbraucher nachteiligen Regelungen unverändert in die Entwürfe übernommen. Das federführende Bundeswirtschaftsministerium und das mit ihm verantwortliche Ministerium für Verbraucherschutz verstoßen damit eindeutig gegen maß-gebliche, vom Parlament vorgegebene Ziele des EnWG.
3.Der Vorgang läuft auf eine einseitige Begünstigung der Energiewirtschaft und damit auf eine Missachtung des Gesetzgebers durch die Verantwortungsträger in den zuständigen Ressorts hinaus. Ein Streit mit der EU und gerichtliche Auseinandersetzungen sind vorprogrammiert. Dies dürfen die Abgeordneten der Regierung nicht durchgehen lassen, zumal ein weiterer Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Ar-beit der gewählten Abgeordneten die Folge wäre.
4.Die nach diesen Entwürfen vorgesehen Bedingungen für Strom und Gaslieferungen würden – entgegen den Vorgaben im Energiewirtschaftsgesetz – einseitig die Versorgungsunternehmen begünstigen und grundlegende Verbraucherrechte beschneiden.

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