Nur die halbe Wahrheit
„Was ist mit den Finanzen los?“, fragt die Rheinbacher CDU in einem jüngst verteilten Flugblatt an alle Rheinbacher Haushalte. Auch wenn der Text sachlich gehalten ist und viele Zahlen und Tabellen enthält, bietet er leider nur die halbe Wahrheit.
Richtig ist, dass die Einnahmen der Kommunen seit Jahren beklagenswert niedrig sind. Nach Regierungsübernahme trugen Frau Merkel und Herr Westerwelle mit Steuergeschenken an reiche Erben und Hoteliers maßgeblich dazu dabei, dass sich die Situation aller öffentlichen Haushalte noch weiter verschlechterte.
Richtig bleibt aber auch, dass nicht alleine die schwierigen Rahmenbedingungen für die katastrophale Finanzlage der Stadt Rheinbach verantwortlich sind.
Nach der Feststellung der Gemeindeprüfanstalt liefert Rheinbach jetzt bei den Schulden pro Einwohner im Vergleich mit anderen mittleren kreisangehörigen Städten den neuen Maximalwert! Im Klartext: Alle anderen vergleichbaren Kommunen stehen besser da als wir. Dieser simple Fakt lässt sich auch mit allen argumentativen Verrenkungen der Mehrheitsfraktion nicht wegdiskutieren. Vieles ist hausgemacht.
An diesem Punkt wird von CDU und FDP häufig angeführt, die Opposition habe gut Reden, halte sich mit Verbesserungsvorschlägen aber vornehm zurück. Dabei haben wir, wie ich an wenigen ausgewählten Beispielen zeigen werde, keinen Mangel an Vorschlägen, sondern vor allem ein Umsetzungsproblem:
1.)Der Antrag der SPD-Fraktion, die Leistungsverwaltung in Rheinbach durch die Einführung von Stadtwerken (natürlich in öffentlicher Hand) effizienter zu gestalten, wurde von Union und FDP aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt.
2.)Als noch Bundes-Fördergelder vorhanden waren, wurde die Umwandlung der Grundschule St. Martin in eine Offene Ganztagsschule abgelehnt, da angeblich kein Bedarf bestand. Als die Umwandlung schließlich angesichts der neuen gesellschaftlichen Realitäten doch stattfand, mussten die Umbauten allein aus dem städtischen Haushalt bezahlt werden.
3.)Union und FDP installierten in den 90er Jahren den ehemaligen FDP-Fraktionsvorsitzenden als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Dieser konnte keine berufliche Qualifikation in diesem Bereich vorweisen, häufte einen riesigen Schuldenberg an und wurde schließlich vorzeitig entlassen. Im Jahr 2010 war dessen fähiger Nachfolger offenbar zu unabhängig. Er wurde weggeekelt und die Wirtschaftsförderung wieder in die Verwaltung eingegliedert, wo aber die einschlägigen beruflichen Qualifikationen fehlen.
4.)Bereits im Jahr 2005 wurde von der Gemeindeprüfanstalt ein effizientes Gebäudemanagements eingefordert. Stand der Dinge im Jahr 2010: Mittelfristig (!) ist die Einführung geplant. Auch hier sind andere Kommunen längst weiter.
5.)Monte Mare und kein Ende. Pleiten, Pech und Pannen bei der Bauleitung durch den Bürgermeister wären einen eigenen Artikel wert. Jüngst wurden laut erstinstanzlichem Urteil Verjährungsfristen zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen verschlafen.
Die genannten Punkte bilden nur einige Schlaglichter aus verschiedenen Bereichen, viele weitere könnten genannt werden. Handlungsfelder gibt es genug. Statt mit viel Getöse Strategiepapiere zu verabschieden, sollten die offenkundigen Herausforderungen endlich mit Nachdruck angepackt werden.